Ob
Patient:innen Ausfallhonorare zahlen müssen, hängt vor allem von der Art der
Praxis ab
Eine
Patientin aus Mönchengladbach staunte nicht schlecht, als sie an der Tür zur
chirurgischen Praxis diesen Aushang las: „Bei kurzfristig oder gar nicht
abgesagten Terminen halten wir uns das Recht vor, Ihnen keine weiteren Termine
mehr zu vergeben.“ Weit verbreitet ist es, dass Arztpraxen den ausgefallenen
Termin in Rechnung stellen. Ist das zulässig? Ja, teilweise, sagt Sabine
Wolter, Gesundheitsrechtsexpertin der Verbraucherzentrale NRW. Gerichte haben
dazu jedoch bislang nicht einheitlich geurteilt, so dass keine allgemein
gültige Rechtsgrundlage existiert. Ausfallhonorare von Arztpraxen für verpasste
oder abgesagte Arzttermine sind in bestimmten Fällen zulässig. Schwierig werden
kann eine Absage, wenn Arztpraxen nur noch elektronisch oder per „Doctolib“
oder ähnlichen Apps erreichbar sind oder die Arztpraxis aufgrund des versäumten
Termins keinen neuen Termin mehr vereinbaren möchte.
- Wann
ist ein Ausfallhonorar zulässig?
Rechtlich gesehen handelt es sich beim Arzt-Patienten-Verhältnis um einen
Behandlungsvertrag (§ 630a BGB). Dieser verpflichtet Ärzt:innen zur
vereinbarten Behandlung und Patient:innen zur Bezahlung, falls die
Krankenkasse die Behandlung nicht übernimmt. Aus ärztlicher Sicht kann es
den Praxisablauf erheblich durcheinanderbringen, wenn Patient:innen einen
vereinbarten Termin nicht wahrnehmen und nicht rechtzeitig absagen. In
bestimmten Konstellationen dürfen Arztpraxen ein Ausfallhonorar für
kurzfristig oder gar nicht abgesagte Termine verlangen. Entscheidend ist
vor allem die Art der Praxisorganisation. Gerade sehr spezialisierte
Praxen mit wochenlangen Wartezeiten auf neue Termine wie etwa die oben
genannte Praxis für Gefäßchirurgie oder reine Bestellpraxen dürfen
Ausfallhonorare berechnen. Das gleiche gilt für Eingriffe, die vorbereitet
werden müssen oder für die besonderes Personal nötig ist, etwa bei
ambulanten Operationen. Arztpraxen mit vollen Wartezimmern haben dagegen
in der Regel keine Probleme, frei gewordene Termine neu zu besetzen.
- Dürfen
Arztpraxen überhaupt Patient:innen ablehnen?
Ja, das ist grundsätzlich erlaubt, aber nur, wenn kein Notfall ist
vorliegt. Ärzt:innen mit Kassenzulassung brauchen jedoch einen triftigen
Grund für die Behandlungsablehnung, denn sie sind grundsätzlich dazu
verpflichtet, gesetzlich Versicherte zu behandeln. Ein zulässiger Grund
ist eine Überlastung der Praxis. Praxen mit Kassenzulassung müssen nicht
über ihr Kassen-Soll hinaus Patienten annehmen. Ob allerdings ein
Nichterscheinen oder eine kurzfristige Absage einen triftigen Grund
darstellt, ist nicht geregelt. Aus Patientensicht gilt: Wenn das
Arzt-Patienten-Verhältnis schon längere Zeit bestand und es sich um eine
einmalige kurzfristige Absage handelt, ist das anders zu bewerten als bei
Neupatient:innen, die wiederholt unentschuldigt nicht erscheinen. Auch ein
triftiger Grund wie eine kurzfristige akute Erkrankung sollte nicht zu
einer Gebühr führen. - Was
gilt, wenn die Praxis nicht erreichbar ist?
Manche Praxen sind heutzutage schlecht telefonisch erreichbar, manche
vergeben vor allem oder ausschließlich Online-Termine. Gerade ältere
Patient:innen, die Online-Buchungssysteme wie „Doctolib“ oder anderes
nicht nutzen können oder wollen, sind dann benachteiligt, sowohl bei der
Terminanfrage als auch bei einer Absage. Deshalb rät die
Verbraucherzentrale NRW, Arzttermine, die nicht wahrgenommen werden
können, so früh wie möglich abzusagen, entweder telefonisch oder per
E-Mail, Ist eine E-Mail nicht möglich, kann man Verwandte oder Freunde
bitten, stellvertretend abzusagen. Wird eine Gebühr fällig, müssen nicht nur
privat Versicherte, sondern auch gesetzlich versicherte Patient:innen
diese selbst bezahlen. Die Krankenkassen kommen dafür nicht auf.
Weiterführende Infos und Links:
Mehr zu Ausfallhonoraren in
Arztpraxen unter
www.verbraucherzentrale.nrw/wissen/node/13939